Persönlicher Bericht zur Ausschusssitzung am 05.10.2023

In der Woche vom 02.10.2023 sah der Sitzungskalender des Kreistags den folgenden Termin vor:

  • Do., 05.10., 18:00:, Sitzung des Ausschusses für Soziales, Gesundheit, Gleichstellung und Senioren, Konferenzraum Arboretum

Zu den im Einzelnen behandelten Themen verweise ich auf die Tagesordnung und die Beschlussvorlagen im Allris-Kalender.

Im Tagesordnungspunkt Ö 5 berichtete die Gleichstellungsbeauftragte von den Aktivitäten ihres Ressorts, von Veranstaltungen im Kreis, die insgesamt gut angenommen und recht gut besucht wurden.

TOP Ö 7, Sozialplanung 2022 Handlungsempfehlung Inklusive Deutschkurse, wurde von der Tagesordnung abgesetzt, da die hierzu nötigen Zahlen und Daten noch nicht vorlagen.

TOP Ö 8, Sozialplanung 2023 Handlungsempfehlung Ämterlotsinnen/Ämterlotsen, war recht interessant, weil sich hier eine Diskussion über die eigentliche Sinnhaftigkeit dieser neu zu schaffenden Dienstleistungsstelle entspann. Grundsätzlich sind Behörden und Ämter gehalten, sich verständlich auszudrücken. Ebenso müssen Formulare in allgemein verständlichem Deutsch verfasst werden, damit Antragsteller von Leistungen sie möglichst eigenständig ausfüllen können.

Dem halten die Vertreter der Verwaltung entgegen, dass Formulare nicht zuletzt auch deswegen „kompliziert“ und oft schwer verständlich verfasst sind, weil es darin in erster Linie um „Rechtssicherheit“ gehe und sie daher „nicht änderbar“ seien. Deshalb werde man hier und da Ämterlotsen benötigen, die vor allem Migranten dabei helfen sollen, die ihnen zustehenden Leistungen zu beantragen und dann zu erhalten.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, einmal die Summen zu nennen, die dem Kreis für die Schaffung dieser sechs neuen halben Stellen im Nachtragshaushalt 2023/2024 bereitgestellt werden. In Rede stehen 180.000 Euro (siehe hierzu die Beschlussvorlage im ALLRIS). Bei einem Gesamtjahresbudget für den Kreis Pinneberg in Höhe von 600.000.000 (600 Millionen) Euro sind das nachgerade „Peanuts“…..

In TOP Ö 10 ging es um das Auswahlverfahren für den Beauftragten „für Menschen mit Behinderung im Kreis Pinneberg“ (siehe hierzu die Beschlussvorlage im ALLRIS). Dabei ging es hauptsächlich um die Frage: Ehrenamt oder Hauptamt? Der seit 01.03.2015 ehrenamtlich tätige Beauftragte, Axel Vogt, hatte sein Engagement vorzeitig zum 31.12.2022 beendet. Ein Antrag, aus dem Ehrenamt des Behinderten-Beauftragten ein Hauptamt zu machen, wurde „mit Beschluss vom 03.05.2023 (…) im Kreistag (…) mehrheitlich abgelehnt“. Daraufhin wurde am 04.05.2023 im Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Gleichstellung und Senioren beschlossen, das Amt „unverändert als Ehrenamt gemäß geltender Geschäftsordnung auszuschreiben und abschließend durch den Kreistag bestellen zu lassen“ (ALLRIS).

Dann folgte eine allgemeine Ausschreibung, woraufhin sich sechs Bewerber meldeten und zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurden. Zwei Bewerber zogen gleich nach dem Gespräch zurück, die übrigen vier entsprachen nicht dem von Politik und Kreisverwaltung aufgestellten Anforderungsprofil. Demzufolge bleibt dieses Ehrenamt bis auf Weiteres unbesetzt.

Hinzu kommt, dass den Bewerbern ein Auswahlgremium aus mindestens 8 Vertretern der Politik und der Kreisverwaltung gegenüber saß und dass für die Gespräche mit den vier Bewerbern lediglich zwei Termine (25. und 28.08.2023) zur Verfügung standen, „um“, wie es in der Beschlussvorlage heißt, „eine Bestellung im Kreistag am 13.09.2023 zu gewährleisten“. Ob die Gespräche jeweils einzeln oder in Gruppen zu zweit o. ä. stattgefunden haben, geht aus der Vorlage nicht hervor. Ebenso wenig erfährt man, wie viel Zeit jeweils an den beiden Tagen zur Verfügung stand, in denen man sich gegenseitig kennenlernen und die Qualifikation der Bewerber feststellen konnte.

Bleibt schließlich noch die Vergütung oder Entschädigung für die ehrenamtlich Tätigen. Dazu ein Zitat aus der Beschlussvorlage des Ausschusses:

Bezüglich eines Ehrenamtes wurde besprochen, dass auch über die Anpassung der Vergütung diskutiert werden sollte, z.B. über eine Anhebung der Vergütung auf Minijob-Niveau. (Hervorhebungen von Bernd Galeski)

Eine spontane Google-Suche ergibt folgende Zusatzinformation:

Minijobber können künftig 520 Euro statt 450 Euro durchschnittlich monatlich verdienen. Ab dem 1. Oktober 2022 wird sich die Minijob-Grenze an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen orientieren.

Unter Weitere Fragen erhält man folgende Auskunft:

Wie viele Stunden für 520 €?

Zehn Stunden Arbeit in der Woche zum aktuellen Mindestlohn sind die Grundlage für die Grenze. Weil der Monat keine vier Wochen hat, rechnet [man] pro Monat mit einem Schnitt von 43,3 Arbeitsstunden. Und weil der Mindestlohn gerade 12 Euro beträgt, macht das bei 43,3 Stunden Arbeit im Monat besagte 520 Euro.

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Kommentar

Den Bewerbern um das kaum oder miserabel entschädigte Ehrenamt, die einzeln oder jeweils zu zweit (?) vor dem Auswahlgremium saßen, war sicher nicht besonders wohl zumute. Zu gewinnen gab es für sie nichts, zu verlieren vielleicht sehr viel. Wir erfahren nichts über sie (Datenschutz), wissen daher auch nicht, wie engagiert sie waren, ob sie bis dahin schon in diesem Bereich tätig waren oder ob sie dies Ehrenamt als persönliche Chance nutzen wollten, ihre bis dahin nicht angeforderten Talente und natürlichen Fähigkeiten (sprich: ihre Herzensbildung) endlich einmal zum Nutzen Bedürftiger einzusetzen.

Wir erfahren auch nichts über das durch das Gremium aufgestellte Anforderungsprofil (evtl. nachzuweisendes Studium oder dokumentierte Berufslaufbahn etc.), dem die Bewerber, die ‚einfach nur helfen‘ oder sich – wie Politik nicht müde wird, die „Bürgerinnen und Bürger“ einzuladen – ehrenamtlich in den Dienst der Gesellschaft stellen wollten.

Die Art, wie hier mit sich einbringen wollenden Bürgern umgegangen wird, erscheint mir ziemlich arrogant und abgehoben. Einerseits sucht man geradezu verzweifelt nach engagierten Bürgern, die gesellschaftlich wertvolle Arbeit leisten sollen, legt allerdings andererseits einen offensichtlich zu hohen Maßstab an deren fachliche Qualifikation an.

Nimmt man dann noch die niedrige Entschädigung (bisher unter der Mindestlohngrenze und dem Niveau von Minijobs [520,- EUR]) hinzu, ergibt das in der Art und Weise, wie der Staat (vertreten durch Politik und Verwaltung) den Bürgern unter die Augen tritt, eine aus meiner Sicht regelrechte Unverschämtheit.

Der Bürger soll für staatliche Dienstleistungen, neben den allfälligen und pünktlich zu zahlenden Steuern, zusätzlich allerlei Gebühren (Müllabfuhr, Personalausweise, Visa, Reisepässe etc.) entrichten und soll zugleich am liebsten kostenlos Aufgaben übernehmen, zu deren Bewältigung ebenjener Staat aber offensichtlich nicht die ausreichenden Mittel hat. Und obendrein tritt dieser Staat dem willigen Bürger entgegen und meint, gemäß einem selbst aufgestellten Anforderungsprofil einem, so wörtlich, „Prinzip der Bestenauslese“ zu folgen sich leisten zu können.

Mich erstaunt es kaum, dass auf diese Weise das gesuchte Ehrenamt bisher unbesetzt geblieben ist.

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In dieser Situation der unbesetzten Stelle des Behinderten-Beauftragten „wurde vereinbart, dass die sozialpolitischen Sprecher*innen in den Fraktionen über Möglichkeiten beraten sollen, unter welchen Bedingungen eine erneute Aufnahme des Auswahlverfahrens“ stattfinden könne. Gemeinsam mit der Leitung des Fachbereichs Familie, Teilhabe und Soziales soll erörtert werden, ob folgende Handlungsoptionen möglich sind:

  • Änderung des Anforderungsprofils für eine erneute Ausschreibung des Ehrenamtes
  • Änderung der Geschäftsordnung und Änderung der Organisationsform

Die Beschlussvorlage endet mit den Worten:

Das Amt der/des Beauftragten für Menschen mit Behinderung im Kreis Pinneberg ist seit dem 01.01.2023 unbesetzt. Dies hat Folgen für die verpflichtende Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sowie für die Umsetzung der Maßnahmen aus dem Aktionsplan Inklusion des Kreises Pinneberg.

Es wird spannend zu beobachten sein, wie Kreispolitik und -verwaltung dies Problem über die Köpfe hilfswilliger Bürger hinweg glauben lösen zu können.

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TOP Ö 11, Bekenntnis der Kreispolitik zur Istanbul Konvention

Was ist die Istanbul Konvention?

Das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt („Istanbul-Konvention“) von 2011 ist ein völkerrechtlich bindendes Instrument zur umfassenden Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Dazu gehören Opferschutz, Prävention und Strafverfolgung sowie die rechtliche Gleichstellung der Geschlechter in den Verfassungen und Rechtssystemen.

Die 81 Artikel der Istanbul-Konvention enthalten umfassende Verpflichtungen zur Prävention und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, zum Schutz der Opfer und zur Bestrafung der Täter.

Quelle: Die Istanbul-Konvention – UN Women Deutschland

Dazu heißt es in der Beschlussvorlage:

Der Kreistag unterstützt die Ziele und die Inhalte der sogenannten Istanbul-Konvention.und erklärt sich damit solidarisch, mit allen die von geschlechtsspezifischer Gewalt und häuslicher Gewalt betroffen sind.

Dieser Beschlussempfehlung folgten alle Fraktionen. Darüber hinaus sei das Thema von so hoher Relevanz, dass sich der Kreistag damit befassen solle, und zwar, wie es Frau Keck (SPD) betonte, nicht neben den Haushaltsberatungen, sondern in einer eigenen Kreistagssitzung, „sonst geht das Thema unter“.

Im TOP Ö 12, Stellenplan-Nachtrag 2023 Personal im Fachbereich Bevölkerungsschutz, Zuwanderung und Gesundheit ging es besonders um die Neuschaffung von 6 (Zuwanderung) bzw. 5,5 (Gesundheit) Stellen. Laut Beschlussvorlage ist die Zahl der Ausländer im Kreis Pinneberg von 39.357 im Jahr 2021 („vor dem Ukraine-Krieg“) um knapp 8.000 Personen auf 47.520 in 2023 (Stand April) angestiegen.

Davon werden 3.600 Ukrainer erwähnt, die übrigen Nationalitäten nicht.

Um diesen und den weiteren Anstieg zu bewältigen, werden die 6 Stellen empfohlen.

Im Fachbereich Gesundheit wähnt man sich nach wie vor in der C-Pandemie, weswegen in Herbst und Winter mit wieder ansteigenden „Infektionszahlen“ zu rechnen sei, wenngleich mildere Varianten des Covid-19-Virus zu erwarten seien.

Auch hier braucht es zusätzliche Stellen (5,5), um die Bearbeitung der erwarteten Mehrfälle zu bewältigen.

Näheres dazu in der sehr ausführlichen Beschlussvorlage des Fachdienstleiters, Herrn Schwerin.

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In der Einladung auf Telegram äußerte ich die Vermutung, diese Ausschusssitzung könne spannend werden. War sie auch – allerdings nur insofern als ausgerechnet diese, vielen Bürgern unter den Nägeln brennenden, Themen gar nicht groß diskutiert wurden.

Was erörtert wurde, war der Zeitrahmen für die Annahme der Beschlussfassung, die Feststellung, dass letztlich der Haushaltsausschuss abschließend beraten und beschließen müsse und dies auch bald tue, wenn der Fachausschuss nicht rechtzeitig zu einem Votum gelange.

Was tat man also in dieser etwas prekären Situation? Da es in den Fraktionen noch Budget-Beratungsbedarf gab, wurde beschlossen, die abschließenden Beratungen auf den 6. November zu verschieben, dann aber wolle man den dem Finanzausschuss vorzulegenden Beschluss endgültig vorlegen.

Nicht zur Sprache kamen die seinerzeit von der AfD wiederholt nachgefragten Sammel-Unterkünfte für 500 Ausländer in Elmshorn sowie eine Nachfrage zu den Nationalitäten der rund 8.000 Personen, die im Zeitraum von 2021 bis 2023 zusätzlich in den Kreis eingewandert sind, von denen hingegen die Zahl der aus der Ukraine Geflüchteten mit 3.600 konkret beziffert werden konnte.

Ebenfalls gab es keine Nachfrage, aus welchen Daten sich die Vermutung speist, dass die Zahl der Covid-Infizierten bald wieder steigen werde – wie ja auch ganz grundlegende Fragen zur behaupteten ‚Pandemie‘ nach wie vor gänzlich ausbleiben.

Das Einzige, was an dieser Ausschusssitzung spannend zu beobachten war, war die routinierte Nonchalance und Eile, die heiklen Tagesordnungspunkte, zum Beispiel auch die TOPs Ö 24.3 (Fragen der AfD zur Behebung des Fachkräftemangels durch Migration) und Ö 24.4 (Fragen der AfD bzgl. der gesundheitlichen und sozialen Folgen der Corona – Pandemie im Kreis Pinneberg sowie zur Impfsituation bzw. dem Impfstatus einreisender Migranten) abzuhandeln und zu den Akten als „zur Kenntnis genommen“ zu legen. Zu beiden Anfragen sind im ALLRIS die entsprechenden PDF-Dokumente hinterlegt, deren Lektüre ich empfehle.

Hier die beiden Dokumente:

Alle anderen Tagesordnungspunkte (Ö 13 bis Ö 24.2) wurden routiniert im Schnelldurchgang zur Kenntnis genommen, verschoben, zu den Fraktionen zur weiteren Beratung zurücküberwiesen oder in einen anderen Fachausschuss verwiesen.

Damit waren dann überraschend schnell sämtliche 25 Tagesordnungspunkte (und -unterpunkte) abgehandelt, und nach nur eineinhalb Stunden (von 18:00 – 19:30 Uhr) beendete der Ausschussvorsitzende, Herr Hans-Peter Stahl, die Sitzung.