„Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ – Ruhe vor oder nach dem Sturm in der ‚Flüchtlingsfrage‘? Kreis Pinneberg erst einmal raus aus der Finanzierung

Persönlicher Bericht zur Ausschusssitzung vom 21.02.2024

War das, was sich vergangenen Mittwoch im Konferenzraum Arboretum im Elmshorner Kreistagsgebäude während der Sitzung des Hauptausschusses abspielte und entschieden wurde, eine gute Entwicklung oder ein Pyrrhussieg?

Zunächst ist nüchtern festzustellen, dass alle Fraktionen des Kreistags Pinneberg die von der Verwaltung präsentierte Beschlussvorlage einstimmig ablehnten.

Hier die Beschlussvorlage im Wortlaut:

Es wird eine temporäre Gemeinschaftsunterkunft im ehemaligen Straßenverkehrsamt entsprechend der Variante 6 geschaffen. (s. Anlage 4) Dieser Beschluss erfolgt unter Vorbehalt der Bereitstellung von 800.000 € aus der Herrichtungsrichtlinie des Landes. Frau Heesch wird beauftragt, hierzu in die Klärung mit dem Ministerium zu gehen.

In Erwartung der Mittelbereitstellung durch das Ministerium werden sofort 250.000 € für Planungs- und Abrisskosten bereitgestellt, um den engen Zeitrahmen der Herrichtungsrichtlinie zu halten.

(Quelle: ALLRIS)

Damit entfallen die Finanzierungshilfe des Landes in Höhe von 800.000 € und die daran geknüpfte Vorfinanzierung durch den Kreis in Höhe 250.000 € für eine temporäre Flüchtlingsunterkunft für bis zu 90 Personen in der Flensburger Straße in Pinneberg. Aber auch die von der Stadt Pinneberg favorisierte und ins Spiel gebrachte Alternativvariante der Errichtung einer temporären Flüchtlingsunterkunft in der Müßentwiete blieb chancenlos.

Stadt und Kreis Pinneberg konnten sich am Ende weder auf das zur Verfügung zu stellende Grundstück noch auf die Art des Eigentümerverhältnisses (im Falle der Grundstücke an der Müßentwiete) einigen.

Auch die Art und Weise, in der dies alles verhandelt wurde, kann man zumindest mit dem Adjektiv ’suboptimal‘ beschreiben. Jedenfalls zeigten sich sowohl die anliegenden Unternehmer in der Flensburger Straße als auch die Bewohner der gegenüberliegende Straßenseite überrascht, „erschrocken“ und „besorgt“. Laut Pinneberger Tageblatt vom 10./11. Februar 2024 ‚verschlug‘ es einer Anwohnerin ‚kurz den Atem‘, als sie hörte, die Unterkunft sei „für 40 Jahre angesetzt“. Das war in der Sitzung des Hauptausschusses am 7. Februar, und damals sei „es ja nur um den Aufschub der Entscheidung“ gegangen. Ein anderer Anwohner ärgerte sich darüber, dass es „keinerlei Kommunikation vom Kreis Pinneberg zu dem Thema gegeben habe“. Wie das Pinneberger Tageblatt weiter schreibt, habe er aus der Zeitung „von den Plänen der Verwaltung erfahren müssen. ‚Das hörte sich alles so endgültig und bereits entschieden an, dass es mir richtig schlecht wurde‘, sagte der Pinneberger […].“ (Pinneberger Tageblatt, 10./11. Februar 2024, Druckausgabe Seite 9)

Inzwischen hatte Bürgermeister Thomas Voerste der Kreisverwaltung in einem Schreiben am 09.02.2024 Alternativgrundstücke an der Müßentwiete angeboten und sich die Argumentation der Unternehmer zu eigen gemacht, dass das alte Straßenverkehrsamt für die Unterbringung von Flüchtlingen ungeeignet sei. Allerdings beinhaltete das Alternativangebot der Stadt Pinneberg aus Sicht des Kreises einige Voraussetzungen, die eine Verhandlungslösung erheblich erschwerte. Hierzu der Beschlussvorschlag der Pinneberger Ratsversammlung vom 15.02.2024:

Die Ratsversammlung beschließt:

[…]

Die Stadt Pinneberg bietet dem Kreis einen alternativen Standort für die geplante Unterkunft zum Kauf zu marktüblichen Bedingungen unter der Voraussetzung an,

– dass der Kreis Pinneberg sich bereit erklärt, das Gelände des alten Straßenverkehrsamtes ebenfalls zu einem marktüblichen Preis an einen Investor zu verkaufen und

– dass die Investoren ihre Planungen in einem Letter of Intent verbindlich konkretisieren.

Der Bürgermeister wird beauftragt, die Verhandlungen mit dem Kreis und die Gespräche mit den Investoren zu führen.

Quelle: ALLRIS

Dies war das vorläufige Ergebnis und der aktuelle Sachstand all der Vorgespräche, eingerichteten Task Forces und Verhandlungen zwischen Kreis und Stadt Pinneberg, sowie den beteiligten Amtsträgern, Gremien und den von all diesen Planungen betroffenen Anwohnern und Unternehmern an diesem Mittwochabend.

Vor der Ablehnung der Beschlussvorlage, hatte es auch an diesem Abend einen ähnlichen Verlauf der Sitzung gegeben. Diesmal jedoch waren einige Ratsmitglieder der Stadt Pinneberg und der Bürgermeister Thomas Voerste höchstselbst erschienen. Und auch diesmal waren die Zuschauerplatzreihen gut gefüllt.

Noch vor dem offiziellen Beginn der Sitzung wies die Ausschussvorsitzende Heike Beukelmann (CDU) auf die am Eingang ausliegenden Formulare für die Fragestunde für Einwohner hin, die bitte vorab auszufüllen seien, da sie dieses Mal keine nicht vorab eingereichten Fragen zulassen werde.

Dann bat sie alle Anwesenden um ihre Aufmerksamkeit. Sie habe heute die Sitzanordnung der Tische und Stühle insgesamt verändern lassen, und zwar so, dass die Tischreihe der Sitzungsleitung, die sich im Hauptausschuss gewöhnlich auf der zum Innenhof liegenden Fensterseite befindet, noch etwas dichter an die Fensterfront gerückt wurde. Dies, um die Wiederholung „eines Vorfalls“, der sich in der letzten Sitzung ereignet habe, zu verhindern. Beukelmann wörtlich: „Ich hab es nicht so gern, wenn jemand hinter meinem Rücken vorbei läuft und Aktionen startet.“ Worauf die Vorsitzende anspielte, war ein Vorfall, den ich leider selbst nicht gesehen hatte, dessen Protagonisten aber Burghard Schalhorn und die Vorsitzende selbst waren. Welche „Aktion“ Schalhorn auch immer im raschen Vorbeigehen an Heike Beukelmann ‚gestartet‘ hatte – jedenfalls hatte Beukelmann diese als „übergriffig“ bezeichnet und Schalhorn dafür unmissverständlich und harsch in die Schranken gewiesen.

Dieses Vorkommnis vom 07.02.2024 und der Verweis darauf an diesem Mittwochabend hatten sich in aller Öffentlichkeit zugetragen, eine Öffentlichkeit, die Heike Beukelmann selbst auch lautstark hergestellt hatte.

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Nach Feststellung der Beschlussfähigkeit, Festlegung der Tagesordnung und Annahme der Niederschrift (Protokoll) der Sitzung vom 07.02.2024 kam es zu der mit Spannung erwarteten Fragestunde für Anwohner, TOP Ö 4.

Zwischen der Stadt und dem Kreis Pinneberg war es im Zuge der Beratungen und Diskussionen um die Flüchtlingsunterkunft zu gewissen Spannungen gekommen, die unter anderem auch aus Missverständnissen und Fehldeutungen von Äußerungen der Beteiligten gespeist worden waren. Darüber berichtete auch das Pinneberger Tageblatt in seiner Wochenendausgabe vom 17./18. Februar 2024. So zitierte man die Pinneberger Ratsfrau Ann-Kathrin Tranziska, die „die schlechte Kommunikation des Kreises [kritisierte]“. Weiter zitiert das Pinneberger Tageblatt Tranziska wörtlich:

„Wir sind dafür bekannt, Menschen, die zu uns nach Pinneberg kommen, gut und dezentral unterzubringen. Wir haben uns über die 90 Personen an einem Standort aufgeregt. Wir haben ein gutes Gewaltschutzkonzept. Vielleicht finden wir eine Lösung, Männer an der Müßentwiete und Frauen und Familien woanders unterzubringen.“

Pinneberger Tageblatt, 17./18. Februar 2024, Druckausgabe Seite 10

Dieses Statement wiederholte sie nun und fügte hinzu, man begrüße selbstverständlich eine Flüchtlingsunterkunft. Es habe aber von Seiten des Kreises Unterstellungen gegeben, Pinneberg wolle in Wahrheit keine Flüchtlinge aufnehmen. Dagegen verwahre sie sich.

Betont wurde erneut, dass der Standort Flensburger Straße ungeeignet sei und man dem Kreis stattdessen gern die Grundstücke an der Müßentwiete zum Kauf anbiete.

Ein Bürger wollte wissen, wann es denn im Fall des Falles mit den Bauarbeiten auf den Grundstücken der Müßentwiete losgehen solle, wann die Unterkünfte bezugsfertig sein sollen und welchen Zeitraum man insgesamt veranschlage. Erneut trat eine Anwohnerin an das Saal-Mikrofon, und wiederholte ihre Frage der letzten Sitzung vom 07.02.2024, die sie an die Landrätin, Elfi Heesch gerichtet hatte: Wie viele werden kommen? Wie viele davon sind Männer? Und welche Auswirkungen auf die Kriminalstatistik erwarten Sie?“ Diese Fragen seien ihr beim letzten Mal nicht beantwortet worden, daher hier und heute noch einmal. (Übrigens hatte die Landrätin an diesem Abend ihren Vertreter in die Sitzung entsandt.)

Auch dieses Mal blieben diese drängenden Fragen unbeantwortet, nicht zuletzt auch deshalb, weil dies die Fragestunde war und man die Beantwortung der Fragen auf den später noch ausführlich zu behandelnden Tagesordnungspunkt Ö 6, Schaffung von temporären Flüchtlingsunterkünften ff., verschob. Als aber dann dieser TOP aufgerufen wurde, schienen andere Teilaspekte dieser Angelegenheit wesentlich bedeutsamer zu sein, und so hatte man die Fragen der besorgten Anwohnerin schlicht ‚vergessen‘.

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Dann wurden der Tagesordnungspunkt Ö 6 und seine Unterpunkte im Gesamtpaket aufgerufen, denn die Ereignisse und Entwicklungen hatten sich bis zu diesem Zeitpunkt seit der vergangenen Sitzung am 07.02.2024 regelrecht zugespitzt. Die spannende Chronologie findet man auf der Sitzungsinfo-Webseite des Kreises Pinneberg. Nachfolgend die Liste der von der Verwaltung angefertigten Dokumente:

  1. Die Beschlussvorlage der Kreisverwaltung (sie enthält neben dem zur Abstimmung gestellten Beschlussvorschlag auch eine detaillierte Sachstandsbeschreibung zur Situation der Flüchtlingszuwanderung und endet mit einer Begründung zur Beschlussempfehlung der Kreisverwaltung)
  2. Die Mitteilung der Kreisverwaltung über den Sachstand temporäre kommunale Gemeinschaftsunterkunft vom 14.02.2024 (hierin werden auch die inzwischen aufgetauchten Alternativ-Angebote der Stadt Pinneberg zu dem aus ihrer Sicht ungeeigneten Standort Flensburger Straße ausführlich beschrieben).
  3. Der Sachstand temporäre kommunale Gemeinschaftsunterkunft – Ergänzungen Stand 20.02.2024.
  4. Das Schreiben des Bürgermeisters der Stadt Pinneberg betreffend der temporären Flüchtlingsunterkunft und schließlich
  5. Die Anfrage der SPD – Fraktion zur Task Force Unterbringung Geflüchtete und Kommunikation zur temporären kommunalen Gemeinschaftsunterkunft.

Gleich zu Beginn der Aussprache betonte Heiko Willmann, Fachbereichsleiter des Fachbereichs Familie, Teilhabe und Soziales (FB 3), der Kreis hege keinerlei Ressentiment gegenüber der Stadt Pinneberg, dies könne nur ein Missverständnis sein. Aber es gebe Klärungsbedarf über die anstehenden Fragen und man müsse über alles reden. Und heute gehe es darum, die Grundstücksfrage zu bewerten. Kann der Kreis das Angebot der Stadt und die Voraussetzungen dieses Angebots annehmen oder nicht? Dies werde heute erörtert.

Tatsächlich hatte das Pinneberger Tageblatt in der gedruckten Wochenendausgabe vom 17./18. Februar 2024 über dieses Angebot berichtet, und die Details dargestellt:

Demnach hatte die Stadt Pinneberg dem Kreis „einen alternativen Standort“ für die Flüchtlingsunterkunft „zum Kauf zu marktüblichen Bedingungen“ angeboten. Eben jene Grundstücke an der Müßentwiete, die im Gegensatz zum kreiseigenen Gelände in der Flensburger Straße, das die Stadt im Schulterschluss mit den ortsansässigen Gewerbetreibenden als ungeeignet eingestuft hatte, als Standort geeignet schienen. Die Voraussetzungen für diesen „Deal“ aber waren, „dass der Kreis Pinneberg sich bereit erklärt, das Gelände des alten Straßenverkehrsamts ebenfalls zu einem marktüblichen Preis an einen Investor zu verkaufen und dass die Investoren ihre Planungen in einem Letter of Intent verbindlich konkretisieren.“ (Pinneberger Tageblatt, 17./18. Februar 2024, Druckausgabe Seite 10, siehe auch obiges Zitat des Beschlusses der Ratsversammlung vom 15.02.2024)

Inzwischen hatte eine Begehung der angebotenen Grundstücke stattgefunden und der Kreis hatte die Eignung grundsätzlich festgestellt. Aber nun wurde es spannend: Würde der Kreis, und hier vor allem die Kreispolitik das Angebot unter Voraussetzungen der Stadt Pinneberg akzeptieren? Es entpuppte sich ein Streitpunkt, an dem beide Seiten am Ende nicht zusammen kamen. Der Kreis strebte einen Erbpachtvertrag für die Grundstücke der Müßentwiete an und wollte die kreiseigene Liegenschaft an der Flensburger Straße nicht verkaufen, da dieses Grundstück auch für eine alternative Nutzung anstelle der Errichtung eines temporären Flüchtlingsheims denkbar war. Diese Möglichkeit mochte der Kreis nicht aus der Hand geben. Zugleich aber war dies die Voraussetzung der Stadt, die die Grundstücke an der Müßentwiete unter keinen Umständen verpachten wollte, sondern den Verkauf anstrebte. Und der Kreis wollte unter keinen Umständen auf seinen Pachtwunsch verzichten. Eine Pattsituation.

Das Ende dieser beiden unvereinbaren Standpunkte lag förmlich in der Luft: Hans-Peter Stahl, Fraktionsvorsitzender der SPD machte den Anfang. Seine Fraktion werde die Beschlussvorlage heute ablehnen. Offenbar gebe es für die Finanzierung der temporären Flüchtlingsunterkunft durch Land und Kreis keinen Bedarf von Seiten der Stadt. Er halte auch die entsprechende Richtlinie des Landes insgesamt für ungeeignet, vor allem im Hinblick auf den Betreuungsschlüssel, den er aus praktischer Sicht für unzureichend halte. Die Richtlinien seien vom Land nicht geändert worden, es gebe Gespräche des Landes mit der Verwaltung und dem Kreispräsidenten, aber alle Zusagen von Seiten des Landes seien ausschließlich mündlich erfolgt, nichts sei verbindlich schriftlich nachweisbar festgehalten worden. Auch sei die Finanzierung nicht klar und ungesichert. Des Weiteren halte er die Rolle der Task Force für diskutabel.

So hart ins Gericht wollte der Vertreter der Linken, der fraktionslose Abgeordnete Rene König, nicht gehen, dennoch erachteten er und seine Mitstreiterin Karin Kunkel allein aus ökonomischer Sicht die Sache als erledigt.

Volkher Steinhaus, Fraktionsvorsitzender der AfD, verkündete ebenfalls deren Ablehnung der Beschlussvorlage, wenngleich er eine Fortführung der Gespräche auch mit der Wirtschaft über die künftige Nutzung des Geländes in der Flensburger Straße begrüßte.

Auch Susanne von Soden-Stahl, Fraktionsvorsitzende der Grünen verkündete die Ablehnung von Seiten ihrer Fraktion, und begründete dies mit der Ablehnung des Projekts der Flensburger Straße durch die Stadt Pinneberg.

Helmuth Ahrens, der Kreispräsident lehnte namens der CDU ebenfalls die Beschlussvorlage ab. Auch er sehe es nicht so kritisch wie Stahl und die SPD, aber er sehe, dass es doch erheblichen Widerstand der Stadt Pinneberg und der betroffenen Unternehmen für die Unterkunft in der Flensburger Straße gebe. Auch frage er sich, wie das Land sonst mit temporären Flüchtlingsunterkünften umgehe. Der Auftrag zur Mitfinanzierung solcher Unterkünfte müsse von den Kommunen kommen, wenn diese jedoch keine Finanzierung wünschten, müsse der Kreis nichts weiter tun. Er wolle aber mit dem Land weiter im Gespräch bleiben und gemeinsam sehen, ob in anderen Kreisen etwas möglich sei.

Sabine Schaefer-Maniezki (Grüne), 2. Stellv. Kreispräsidentin, war es ein Anliegen, anzumerken, es sei ihr persönlich „zu viel Verwaltungs-Bashing dabei“. Es waren die Kommunen, die auf den Kreis um Hilfe zugekommen seien. Offenbar habe sich aber die Ausgangslage verändert und zudem sei heute entschieden worden. Damit sei diese Angelegenheit erst mal vom Tisch. Nach wie vor besitze der Kreis das alte Straßenverkehrsamt und daher entscheide der Kreis über dessen Nutzung.

Torsten Hauwetter (CDU-Fraktion) erwähnte, Erbbau sei für die CDU durchaus noch ein Thema, aber dies solle nicht heute verhandelt werden.

Heike Beukelmann (CDU), die Ausschussvorsitzende, merkte an, der Kreis habe nicht mehr allzu viele Grundstücke, über deren Nutzung man nachdenken könne, aber das sei heute nicht Aufgabe des Ausschusses.

Rene König (Linke) meldete sich noch einmal und schloss sich der Warnung der FDP an, die Kreisgrundstücke zu verkaufen. Es könne ja auch sein, dass man später doch noch einmal recht rasch Unterkünfte herrichten müsse, dann müsse eventuell auch über Container nachgedacht werden.

Heidi Keck (SPD) zeigte sich über den Diskussionsverlauf „überrascht“. Man habe auch in Wedel (Keck ist dort Ratsmitglied) über Lösungen der Flüchtlingsunterkünfte geredet. Sie wunderte sich, dass jetzt offenbar gar kein so großer Handlungsbedarf bestehe. Ob die Anfrage Pinnebergs über die temporäre Unterkunft denn noch aktuell sei, wollte sie wissen. Tatsächlich hätten die Kommunen den Bestand an Unterkünften aufgestockt. Wenn es also von Seiten Pinnebergs noch Bedarf gebe, solle die Stadt beim nächsten Mal eine ordentliche Anfrage an den Kreis richten.

Aus der Verwaltung hieß es dann, die Kommunen hätten keinen so dringenden Bedarf mehr wie noch im Herbst 2023. Nur noch wenige Gemeinden hätten Bedarf gemeldet.

Karin Kunkel (Linke) zeigte sich „geschockt“. In Elmshorn denke man über die Belegung von Sporthallen und -plätzen nach und hier wird solch ein Projekt mit festen Unterkünften einfach beendet. „Die Flüchtlinge brauchen uns, und wir müssen ihnen helfen“, meinte sie.

Heike Beukelmann, die Ausschussvorsitzende merkte an, sie bekomme mit, dass die Kommunen insgesamt aufrüsteten. Es gelte vor allem, die Unterbringung in Turnhallen zu vermeiden.

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Nun meldete sich noch einmal Helmuth Ahrens zu Wort, um die Abstimmung der Beschlussvorlage anzumahnen. Man solle doch jetzt mit der Diskussion zu einem Ende kommen.

Dies bestätigte die Vorsitzende insoweit, als sie anmerkte, Ahrens sei eh der letzte auf der Rednerliste gewesen.

Dann schritt man rasch zur Abstimmung, die das bereits zu Beginn dieses Berichts erwähnte Ergebnis erbrachte.

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Dies war meines Erachtens der wesentliche Teil dieser Ausschusssitzung. Zur restlichen Tagesordnung verweise ich auf die Liste in der Sitzungsinfo-Webseite der Kreisverwaltung.

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Kommentar

Die Bewohner und Unternehmer der Flensburger Straße und der Müßentwiete können aufatmen. Die anvisierte temporäre Unterkunft für bis zu 90 Flüchtlinge kommt hier wie da erst einmal nicht. Aus ihrer Sicht ist es vielleicht ein Etappensieg, der vor allem deshalb zustande kam, weil beide Verhandlungspartner in dieser Sache – Kreis und Stadt Pinneberg – mit für die jeweils andere Seite unannehmbaren Forderungen, Wünschen und Kaufvoraussetzungen auftraten. Keiner wollte oder konnte nachgeben, und so bleiben Unternehmer und Anwohner zunächst sorgenfrei, was die Wertminderung ihrer Geschäfte und Häuser angeht und im Hinblick auf die zu erwartenden Spannungen im täglichen Zusammenleben mit Menschen aus fernen Kulturen.

Auffallend war für mich, dass es offenbar nicht um Flüchtlinge aus der Ukraine ging – dies wäre sonst zweifellos unumwunden kommuniziert worden. Diese Flüchtlinge sind weniger problembehaftet, und vielleicht hätten die Unternehmen und die Anwohner diese Flüchtlinge auch nicht als Problem wahrgenommen. Das Fehlen jedes Hinweises auf die zu erwartende Herkunft der 90 Flüchtlinge scheint aus meiner Sicht darauf hinzudeuten, dass es jedenfalls keine ganz unproblematischen Herkunftsländer sind.

Aber diese Sorgen sind erst einmal vom Tisch. Für wie lange? Das weiß niemand. Geht es nach der Vorstellung der Linken, wie oben gesehen, ‚müssen wir den Flüchtlingen helfen‘. Man ist schon geneigt zu fragen: Allen? Soll Deutschland am Ende die ganze flüchtige Welt aufnehmen? Gibt es wirklich keine anderen Möglichkeiten, Hilfe zu leisten? Wie wäre es damit, endlich anzufangen, die Ursachen von Flucht und Vertreibung zu bekämpfen? Wie viele Flüchtlinge aus der Ukraine hätten gar nicht erst den Weg nach Westen antreten müssen, hätte man die Chancen auf Verhandlungen rechtzeitig ergriffen? Und wie viele moderne boat people könnten verhindert werden, ließe man dem afrikanischen Kontinent endlich den Freiraum, seinen eigenen Binnenmarkt von Afrikanern für Afrikaner (und nicht für den Weltmarkt unter den Konditionen einer ausbeuterischen Weltbank oder eines ebensolchen IWF) aufzubauen? Voraussetzung dafür wäre Bildung für alle. Und die gibt es nicht zum Nulltarif.

Aller Voraussicht nach aber wird diese Agenda nicht verfolgt, und man darf vermuten, dass weitere Verzweifelte aus jener Region in Europa und besonders in Deutschland den Ort ihrer Träume sehen.

Und hierzulande werden alle Verantwortlichen nach wie vor die Symptome einer kranken Zeit zu heilen versuchen mit Mitteln, die kurzfristig gedacht sind und mehr Probleme verursachen als lösen.

Und so bleibt der Sieg über die sich selbst im Weg stehende deutsche Bürokratie, der einigen wenigen Anwohnern und Unternehmern in Pinneberg eine Verschnaufpause verschaffte, am Ende doch nur ein Pyrrhussieg – so fürchte ich.

Was sich aber stets wiederholen wird, ist die Tatsache, dass Politik erneut über die Köpfe der Bürger hinweg verhandelt, ausgekungelt und entschieden wird. Auch in der nächsten Runde der Schaffung von Flüchtlingsheimen werden die Bürger – wenn überhaupt – nicht rechtzeitig informiert werden, und sie werden ihrerseits fleißig und aufmerksam Berichte in der Zeitung studieren müssen, um zu erfahren, was Politik in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft schon wieder beschlossen hat, ohne sie vorher rechtzeitig zu fragen.

DieBasis sollte aus meiner Sicht an dieser Stelle den Finger in die Wunde legen und dies zum stets wiederkehrenden Thema machen – jedenfalls immer dann, wenn Bürger mal wieder in einer für sie bedeutsamen Angelegenheit nicht gefragt worden sind.

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