Vom Sinn oder Unsinn der Kreispolitik, oder: Wenn banale Verwaltungsangelegenheiten zum Heißluftballon der Parteien werden
Persönlicher Bericht zur Sitzung des Hauptausschusses am 24.04.2024
Es gibt manchmal Tage, an denen man entweder eine Tätigkeit verrichtet oder sich verpflichtet hat, andere dabei zu beobachten und sich fragt: Was tue ich hier eigentlich? Dieses Gefühl der Sinn- und Nutzlosigkeit, diese sichere und zugleich unangenehme Ahnung, die eigene Lebenszeit zu vergeuden, überkamen mich während der gestrigen Sitzung des Hauptausschusses des Pinneberger Kreistags.
Im Vorwege hatte ich in der Ankündigung auf Telegram bereits die wesentlichen Tagesordnungspunkte inhaltlich zusammengefasst, nur um in der tatsächlichen Sitzung festzustellen, dass darüber hinaus nichts Wesentliches dazu kam.
Es ging u. a. um die Neugestaltung der Beteiligungsrichtlinie (Ö 6)
Sie umfasst Regelungen für Unternehmen, die unter der Führung oder im Auftrag des Kreises Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge übernehmen. Die Unternehmen erhalten durch den Kreis bestimmte Zielvorgaben in Sach- und Finanzzielen. Zu den Sachzielen gehören Richtlinien der Unternehmensführung oder im Hinblick auf Nachhaltigkeit, zu den Finanzzielen gehören Vorgaben zur Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit.
Der Kreistag ist oberstes Aufsichtsgremium für diese Unternehmen und beschließt die Richtlinien, nach denen die Kreisverwaltung die im Auftrag des Kreises agierenden Unternehmen beaufsichtigt.
Die Richtlinie wurde anhand der Vorlage und einer darin enthaltenen PowerPoint-Präsentation recht ausführlich vorgestellt.
Einige Abgeordnete hatte zu einem Satzbaustein hier, einem Halbsatz da oder einer aus ihrer Sicht ungenauen oder verwirrenden Formulierung Fragen bzw. machten Verbesserungsvorschläge und mahnten kleine Korrekturen an.
Letztlich geht es in dieser Beteiligungsrichtlinie darum, festzustellen oder festzulegen, wie Vorgesetzte oder Unternehmer der Betriebe, die namens und im Auftrag der Kreisverwaltung öffentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnehmen, ihre Betriebe menschlich und dadurch effizient führen sollen. Die sogenannte Compliance ist in aller Munde und soll zur Verbesserung der Arbeitswelt und des -klimas in den Unternehmen beitragen.
Während ich den größtenteils unnötigen oder überflüssigen Wortbeiträgen zuhörte, hatte ich immer stärker den Eindruck, in dieser Welt der politisierten Bürokratie gänzlich falsch zu sein. „Ich gehöre nicht hierher“, das war der Gedanke, der mich die ganze Zeit nicht losließ.
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Dieser Eindruck verschwand auch nicht während der Ausführungen zum Statusbericht E-Government / Digitalisierung Q I/2024 – Digitale Transformation sowie der Diskussion um die Fortführung der Vergabe hoheitlicher Aufgaben des Kreises, und auch der Verwaltung von Geldern beispielsweise der Verteilung der Kreisumlage auf die Kommunen durch die hierfür eingesetzte Kommunit.
Bei Ersterem ging es im Wesentlichen um die digitale Umstellung der Verwaltungsabteilungen, um Vereinfachung durch digitale Anträge, um den Stand der Anschaffung von E-Fahrzeugen für den Verwaltungs-Fuhrpark, um elektronische Terminvergabe in den verschiedenen Behördensegmenten der Kreisverwaltung.
Über all diese verwaltungsinternen Notwendigkeiten sprach der Referent in trockenem Ton, und auch er bediente sich als Gedächtnisstütze einer PowerPoint-Präsentation (in einer Art betreutem Lesen), die er fortdauernd anschaute, während er dem Publikum den Rücken kehrte.
Auch an dieser Stelle fragte ich mich, was denn Politik in solchen technisch-administrativen Vorgängen einer Verwaltungsbehörde ausrichten solle.
Sind dies wirklich die weltbewegenden Fragen, mit deren Beantwortung Politik befasst zu werden hat, während die tatsächlich drängenden, handgreiflichen Probleme der rezessiven Wirtschaft in Deutschland, der weiter ungeregelten und teilweise illegalen Einwanderung hauptsächlich kulturfremder Massen sowie eine täglich hysterischer werdende Klimaschutz-Agenda eigentlich so schnell wie möglich gestoppt werden müssten, um Deutschland vor schlimmstem Schaden zu bewahren?
Stattdessen sitzen die erlauchten Herrschaften der Kreispolitik zusammen und debattieren allen Ernstes, ob die dritte Stelle hinter dem Komma einer internen Verwaltungsrichtlinie zur Verbesserung des Arbeitsklimas einer dringenden Ergänzung, Bestätigung oder geringfügigen Korrektur bedarf oder der Fortschritt in der Digitalisierung von Anträgen den gewünschten Stand erreicht hat!
So wurden denn auch die Tagesordnungspunkte Ö 9.2, Anfrage der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen; Umnutzungsanträge im Bereich der Unterbringung von Geflüchteten, sowie Ö 9.3, Sachstand Krisenstab Geflüchtete Weiteres Vorgehen Krisenstab Unterbringung Geflüchtete, sehr rasch und ohne weitere Diskussion abgehandelt, die entsprechenden Vorlagen zur Kenntnis genommen und beendet.
Herr Schwerin, Leiter des Krisenstabs Geflüchtete, wusste zu berichten, dass von anfangs 11 Personen seines Stabs nunmehr lediglich 4 bis 5 übrig geblieben sind und sich die allgemeine Flüchtlingssituation entschärft habe. An den Außengrenzen gebe es spürbar weniger Ankommende. Alle 4 Wochen finde ein Austausch hierzu mit den Kommunen statt – Elmshorn entlaste mit seiner Unterkunft in Modulbauweise für 120 Plätze den Kreis jeweils für 2 Monate.
Dieses Thema wurde nach diesen kurzen, knappen Ausführungen nicht weiter erörtert – möglicherweise hat sich die Einwanderungs-Situation tatsächlich temporär etwas entspannt. Wie lange, weiß wohl niemand.
Damit war der öffentliche Teil der Sitzung beendet und es blieb der schale Nachgeschmack, eineinhalb Stunden Lebenszeit irgendwie sträflich nutzlos vergeudet zu haben.
Ob es in Zukunft sinnvoll erscheint, als außenstehender Beobachter an weiteren Sitzungen der Kreispolitik teilzunehmen, in denen die Banalität alltäglicher Behörden- und Verwaltungsregluarien oder Ablaufpläne in wichtiger Pose politisch erörtert werden, bleibt abzuwarten. Hier wird sich der Kreisverband Pinneberg der Basis-Partei in nächster Zeit beraten und Klarheit verschaffen.
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