Plötzlich ist Geld da – für Wichtiges

Persönlicher Bericht zur Sitzung des Ausschusses für Klimaschutz, Umwelt, Sicherheit und Ordnung vom 29.04.2024

„Kiel soll zahlen oder uns von der Schuldenlast befreien. Ich möchte das schriftlich haben. Ich traue den Brüdern nämlich nicht mehr über den Weg.“

So ungefähr äußerte sich Burghard Schalhorn (AfD-Fraktion) in der dieswöchigen Sitzung des Umwelt-Ausschusses, als es um die Räumung des Reifenhofs in Groß Offenseth-Aspern ging. Marion Grün, Leiterin des Fachbereichs Bauen, Umwelt und Verkehr (FB 2) hatte von den Gesprächen einiger Vertreter der Kreisverwaltung mit dem Kieler Umwelt-Ministerium berichtet. Hauptsächlich ging es um die nicht vorhandenen Gelder des Landes, um eine zeitnahe Räumung des zum Teil belasteten Geländes einzuleiten. Das Land stelle keine Gelder eigens für diesen Zweck zur Verfügung, allenfalls könnten Mittel aus dem regulären Haushalt dafür bereit stehen, allerdings liege die Priorität dieses Projekts in einem allgemeinen Ranking von zur Verfügung zu stellenden Geldern erst an 3. Stelle hinter anderen, dringenderen Projekten.

Die insgesamt vage gehaltenen Ausführungen Frau Grüns und das Fehlen konkreter zeitlicher Zusagen für die Beseitigung einer – so jedenfalls lauteten die durchaus berechtigten Befürchtungen einiger Abgeordneter – potenziellen Gefahr auch für die Anwohner, befriedigten Schalhorn nicht und veranlassten ihn zu den oben zitierten Äußerungen.

In der Diskussion, an der auch die Landrätin Elfi Heesch teilnahm, sprach Frau Grün von der Einsetzung einer Lenkungsgruppe, die versuchen sollte, das Problem in den Griff zu bekommen. Der Kreis könne versuchen, eigenständig tätig zu werden, aber er brauche dafür Geld, das er nicht habe.

Immer wieder wurde betont, das Land sei zuständig und müsse seine Verantwortung wahrnehmen und finanzieren. Man könne doch mal erneut die Zuständigkeit klären. Auch eine Bodenuntersuchung wäre denkbar, denn wisse man erst einmal, „was da alles im Boden ist“, komme man möglicherweise in den Bereich der „Gefahrenabwehr“. Auch in Richtung möglicher entzündlicher Stoffe, die eine „Brandlast“ generieren könnten, gingen die Wortbeiträge, mit denen versucht wurde, einen Weg zur schnelleren Problemlösung aufzuzeigen. Irgendwie müsse man Druck auf das Land ausüben, die Bürger seien schließlich zunehmend beunruhigt.

Eine bereits erfolgte Grundwasseruntersuchung sei unauffällig geblieben, so Frau Grün.

Einig waren sich Politik und Kreisverwaltung über den dringenden Handlungsbedarf und in ihrer Kritik an der zögerlichen Haltung des Kieler Umwelt-Ministeriums. Diese drückt sich u. a. auch über die in der Mitteilung der Kreisverwaltung erwähnte Vereinbarung der Lenkungsgruppe „Reifenhof“ im Umwelt-Ministerium aus, wonach „nach Kenntnis des finanziellen Rahmens – voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte – erneut über Maßnahmen zur Verbesserung der derzeitigen Situation beraten“ werden soll.

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Es wurde eine neue Leiterin des Fachdienstes Umwelt vorgestellt. In ihrer kurzen Rede betonte sie ihren Willen, an der Gestaltung der Gesellschaft im Hinblick auf Umwelt-, Klima- und Gewässerschutz mitzuwirken. Zwar sei sie keine Umweltrechtsexpertin, sie wolle aber den Wandel gestalten helfen.

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Ob die Bevölkerung mit diesem „Wandel“ einverstanden ist, darüber hat an diesem Abend niemand ein Wort verloren.

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In einem weiteren Tagesordnungspunkt ging es um die Mittelverwendung für erste prioritäre Maßnahmen des integrierten Klimaschutzkonzepts (IKK). Es beinhaltet eine kommunale Wärmeplanung, bei deren Erstellung der Kreis den Kommunen helfen will. Hierzu ein Zitat aus der Mitteilung der Kreisverwaltung:

Aus diesem Grund soll ein externes Planungsbüro beauftragt werden, grundlegende Analysearbeiten im Bereich des Wärmebedarfs, der Flächenverfügbarkeit und Wärmepotenziale großflächig zu betrachten, um die daraus generierten geografischen Daten und Informationen (—) zusammen mit einem Handlungsleitfaden bei Interesse den jeweiligen Städten, Gemeinden und Ämtern im Kreisgebiet zur Verfügung zu stellen.

Zu den durchzuführenden Analysearbeiten zählen:

  • Wärmeliniendichteanalyse
  • Analyse von Wärmenetzeignungsgebieten
  • Erzeugungspotenziale (z.B. Industrielle und gewerbliche Abwärme, Gewässer, Klärwerke).

Dass von Seiten der Verwaltung darüber hinaus wenig Konkretes über Maßnahmen und anvisierte Zeiträume zur Verwirklichung des ehrgeizigen Planes der Reduzierung der Treibhausgasemissionen auf null bis 2040 zu hören war, ist nicht nur dem interessierten Beobachter aufgefallen. Auch Abgeordnete merkten die doch insgesamt vagen und unkonkreten Planungen der Verwaltung an. Man wollte wissen, was denn die Verwaltung „von uns als Ausschuss“ brauche, der Bericht sei vor allem im Konjunktiv verfasst.

Die Antwort hierauf fiel dürftig bis nichtssagend aus. Man berate und sammele weitere Informationen. Wärmeleitpläne dauerten, die Isolierung von Gebäuden brauche Zeit und Geld. Auch könne der Kreis den Kommunen nichts vorschreiben, sondern könne da seine Hilfe anbieten, wo sie angefordert werde.

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Der daran anschließend Antrag der FDP-Fraktion, die Verwaltung zu beauftragen, „eine Prüfung der Budgetplanung und Ressourcenverteilung für die Umsetzung von klimabezogenen Maßnahmen“ durchzuführen (hier der vollständige Wortlaut), scheiterte an den nicht eingehaltenen Formalien, wonach eine Fraktion dies nicht als Prüfauftrag einreichen darf, sondern ihren Antrag als formale, schriftliche Anfrage an die Verwaltung richten muss, die ihrerseits darauf schriftlich antwortet. Erst danach könne die Fraktion ihren Antrag im Ausschuss einbringen. Dies entspreche § 10 der Geschäftsordnung des Kreistags.

Alles Hin- und Her-Diskutieren half nichts. Am Ende zog die FDP-Fraktion auf Anraten aller übrigen Fraktionen aus formalen Gründen ihren Antrag zurück, und die Inhalte dieses sehr interessanten Antrags (siehe auch die PDF-Datei „Prüfauftrag zum IKK“) kamen erst gar nicht zur Sprache.

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Großes Einvernehmen herrschte dagegen beim Beschluss über die Bereitstellung der fehlenden Haushaltsmittel in Höhe von 800.000 € für die Beschaffung des Einsatzleitwagens für den Katastrophenfall (ELW 2). Die Mittel

„werden im laufenden Haushaltsjahr 2024 als Verpflichtungsermächtigung zu Lasten der Jahre 2025 und 2026 und im Rahmen der Doppelhaushaltsplanung 2025/26 in der Finanzplanung bereitgestellt. Eine Deckung erfolgt im Wesentlichen über Einsparungen bei anderen Investitionsmaßnahmen“,

heißt es im Sachbericht der Kreisverwaltung.

Es handele sich beim derzeitigen Fahrzeug um ein analoges, 22 Jahre altes Gefährt, das über keine Digitalisierung verfüge, damit den modernen Anforderungen nicht mehr entspreche und zunehmend reparaturlastig sei. Wie aus dem Sachbericht hervorgeht, beteiligt sich das Land mit einer Förderung in Höhe von 410.000 € an den Kosten und hat diese bereits nach Anträgen in 2021 und 2022 bewilligt und zweckgebunden ausgezahlt.

Da aber das neue Fahrzeug mit Kosten in Höhe von rund 800.000 € veranschlagt ist, der Kreis jedoch für 2021 lediglich 91.000 € im Haushalt eingeplant hatte, blieb die Realisierung des Projekts zunächst unklar. Allerdings waren die bereits ausgezahlten Mittel des Landes in Höhe von 410.000 € in die „allgemeine Deckung“ des Haushalts des Jahres 2022 „eingeflossen“. Diese Mittel müssten „im Zuge der nun anstehenden erneuten Aufnahme der Maßnahme zusammen mit den Eigenmitteln des Kreises, also insgesamt […] 800.000 Euro wieder im Haushalt zur Verfügung“ gestellt werden.

Um dies zusammen mit einer Sammelbestellung mit anderen Kreisen, die „schon in den Startlöchern“ stehen und „nur noch auf uns warten“ schließlich doch realisieren zu können, hat man sich des oben bereits erwähnten und zitierten haushalterischen Kniffs bedient. (Weitere und ausführliche Informationen sind im Sachbericht sowie der Stellungnahme der Kreisverwaltung zu finden.)

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Interessant ist, dass am selben Abend in derselben Sitzung noch vehement über die Weigerung des Landes geklagt wurde, Gelder für die Räumung des die Umwelt potenziell belastenden Reifenhofs in Groß Offenseth-Aspern zeitnah zur Verfügung zu stellen. Zu Beginn des Berichts hatte ich es dargestellt. Grund der Weigerung seitens des Landes: Kein Geld und wenn, dann allgemeine Haushaltsmittel, die aber zuerst anderen Projekten zugute kommen sollen. Der Reifenhof nahm in der diesbezüglichen Prioritätenliste Platz 3 ein.

Ja, so kann es gehen und auf diese Weise wird wieder einmal deutlich, wie wenig Kreispolitik auf das tatsächliche Geschehen im Land Einfluss zu nehmen vermag.

Gleichzeitig entdecken wir im Kleinen wie im Großen der Politik: Wenn der politische Wille für die ‚wirklich wichtigen‘ Anliegen vorhanden ist, steht auf wundersame Weise auch Geld in nahezu beliebiger Größenordnung zur Verfügung.

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