Hochwasser oder anhaltende Trockenheit – zwei Seiten derselben Medaille
Persönlicher Bericht zur Sondersitzung des Ausschusses für Klimaschutz, Umwelt, Sicherheit und Ordnung vom 14.05.2024
Wer heute noch den Klimawandel leugnet, sollte dringend zum Arzt gehen.
So äußerte sich der Ausschussvorsitzende, Mathias Schmitz (Grüne), gegen Ende der Ausführungen zu den Entwicklungen Binnenhochwasser und Hochwasserschutz sowie zur Vorstellung Hochwassereinsatz Raa-Besenbek. Und natürlich „müssen wir den Ausstoß von CO2 in den Griff bekommen, wenngleich wir mit den Klimafolgen umgehen und uns darauf vorbereiten müssen“, so Schmitz. Dennoch sei der Klimawandel eine derart wissenschaftlich gesicherte Tatsache, dass man heute nicht mehr darüber diskutieren müsse. Die Beweislage sei erdrückend und niemand zweifele heute mehr daran.
Vorausgegangen waren diesen selbstsicheren Feststellungen zwei Referate, in denen es um Binnenhochwasser und seine Eindämmung in einem ganz konkreten Fall und danach im Allgemeinen ging. Wie steht es um den Hochwasserschutz im Kreis Pinneberg? Welche Kompetenzen und welches technische Gerät stehen zum Schutz von Bürgern und Anwohnern in z. T. besonders sensiblen Gebieten nahe der Binnengewässer (Bäche und kleine Flüsse) zur Verfügung?
Dazu waren die Redner des THW eingeladen worden und trugen sie aus ihrem praktischen Alltag und den Erfahrungen vor.
Zunächst ging es um den Einsatz des THW im Winterhochwasser vom 15. bis 22. Dezember 2023. Hier zeigten sich die ansonsten noch recht leistungsfähigen und bereits 60 Jahre alten Pumpen dem Andrang dieser Wassermassen nicht mehr gewachsen. Im Dauerleistungsbetrieb fielen nacheinander zwei der drei Pumpen aus. In dieser Notsituation konnte glücklicherweise ein Privatunternehmen aus den Niederlanden aushelfen. Es zeigte sich jedoch, dass die Heranschaffung des schweren Geräts (allein die Wasserrohre hatten 1 m Durchmesser) über die unbefestigten Wege im durchnässten Terrain eine echte Herausforderung war. Man verlegte Fahrplatten, um die Zufahrt für die benötigten LKWs zu ermöglichen.
Schließlich konnten die beiden Pumpen der Niederländer in Einsatz gebracht werden und zur selben Zeit ließ der Dauerregen nach – Glück im Unglück.
Herr Schwerin, Fachbereichsleiter für Bevölkerungsschutz, Zuwanderung und Gesundheit (FB 4), merkte an, man habe heute die beiden Redner eingeladen, weil der übliche Ablauf der Ausschusssitzungen diese Vertiefung in dieses unterschätzte aber doch mitunter lebensnotwendige Thema kaum erlaube. Die unermüdliche, in der Regel funktionierende permanente Arbeit der Schöpfwerke in SH und im Kreis Pinneberg werde meist kaum bis gar nicht wahrgenommen, daher könne der heutige Informationsabend helfen, Verwaltung und Politik des Kreises zu sensibilisieren. Auch über eventuell bessere Vernetzung der Entscheidungsträger müsse nachgedacht werden, Daten müssten zentraler erfasst werden und zeitnah zur Verfügung stehen. Wartung, Reparatur oder die Neubeschaffung leistungsstärkerer Pumpen sollten wenigstens erwogen und beraten werden. Klar sei, dass weder SH noch Niedersachsen oder ihre Kreise über Pumpen mit der Leistungsfähigkeit verfügten, wie sie vom niederländischen Privatunternehmer zum Einsatz gebracht wurden.
Hier wolle Politik am Ball bleiben und sich bemühen, das Thema nicht wieder aus den Augen zu verlieren, nicht zuletzt auch, weil solche Extremwetterereignisse in den nächsten Zeit zum immer häufigeren Begleiter würden.
Im zweiten Referat, der Vorstellung Hochwassereinsatz Raa-Besenbek, stellte der Redner einen Vergleich zwischen der katastrophalen Situation und dem unbefriedigenden Management des Hochwasser-Unglücks im Ahrtal und einer dagegen geradezu vorbildlichen Handhabung eines Hochwassers im slowenischen Prevalje an. Bei letzterem Ereignis war er selbst mit der Ausrüstung des THW vor Ort.
Sturmtief „Bernd“ war für Deutschland vorhergesagt worden, jedoch gab es auf den Entscheidungsebenen in Land und Kommune offenbar niemanden, der die Wetterkarten und die Angaben aus der Vorhersage richtig deuten konnte. Selbst als es erste Schadensluftbilder gegeben habe, war der Umgang damit unwissend hilflos. Statt diese Informationen an die richtige Stellen weiterzugeben, seien die entsprechende Bilder mit dem Vermerk an die Wand angebracht gewesen: „To whom it may concern.“ (An die zuständige Stelle…).
In Slowenien waren ¾ der Wege vom Hochwasser betroffen, die Hälfte der Straßen kaum passierbar. Aber, und dies sei der Unterschied, die Bürgermeister vor Ort wussten, was zu tun war. Sie verfügten immer über die jeweils aktualisierten Karten der Hochwassersituation, und diese Karten hingen in den Besprechungen für alle sichtbar an der Wand. Im Ahrtal haben die Karten zusammengerollt unter dem Tisch gelegen.
Ein Brückenschaden in Prevalje sei am 07.08.2023 festgestellt worden, eine Woche später, am 14.08.2023 stand die wieder errichtete Brücke für den Straßenverkehr zur Verfügung.
Zum Schluss kam der Referent auf die Geschehnisse im Ahrtal zu sprechen. Dort sei es zu politisch motivierter Kriminalität (PMK) gekommen. So sei z. B. ein Polizeifahrzeugen ähnlicher Wagen aufgetaucht, dessen Insassen ‚merkwürdig‘ ausgesehen haben und die die Bevölkerung gegen staatliche Rettungsmaßnahmen und die professionellen Helfer (z. B. des THW) aufgewiegelt haben. Auch sei es zu Sabotageakten gekommen.
Dies sei eine gefährliche Entwicklung, wenn politisch Stimmung gegen staatliche Einrichtungen gemacht werde, denn es untergrabe das Vertrauen der Bevölkerung. Vor allem im Hinblick auf herannahende tatsächliche Katastrophen, bei denen es darauf ankomme, den Anweisungen der Profis zu folgen, um sich retten zu können, sei fehlendes Vertrauen gefährlich.
Insgesamt war man sich an diesem Abend einig, dass man für künftige extreme Wetterereignisse gut aufgestellt sein müsse. Alles müsse bedacht werden, auch besseres Equipment, das nötigenfalls anzuschaffen sei. Man sprach vom in letzter Zeit zu beobachtenden, vernachlässigten Allgemeinzustand der Außen- und Binnendeiche. Weniger Schafe bedeuteten auch eine weniger festgefügte Rasendecke. Auch der Sockel der Deiche sei teils sehr marode. Hier führte u. a. auch die zu dichte Bebauung zu Problemen. Oft hätten die Leute schlicht den eigentlichen Zweck der Deiche vergessen und betrachteten sie lediglich als schöne Aussichtsterrassen in der Nähe ihrer Häuser. Das sei keine Böswilligkeit, aber viele wüssten nicht mehr, dass die Väter und Großväter diese Deiche aus Notwendigkeit errichtet hätten.
*
Der Widerspruch zwischen der an diesem Abend wiederholt vorgetragenen Warnung vor den immer drastischeren Folgen des Klimawandels und den bereits von den Vorfahren vor langer Zeit errichteten Schutzwällen vor extremen Wetterphänomenen und steigender Flut war den Rednern und der Politik gar nicht aufgefallen. Denn tatsächlich begleiten solche Ereignisse die Menschheit seit Anbeginn. Und dass es schon immer Hitze und Kälte, Regen und Dürre und damit Zeiten des Überflusses und des Mangels und der Not gegeben hat, scheint man in diesen Zeiten der allgemein vor allem in Deutschland verbreiteten Klima-Hysterie vergessen zu haben.
Unantastbar wird der Glaube an den lebensbedrohenden Klimawandel und als dessen unausweichlicher Folge der „Erderhitzung“ (UN-Generalsekretär António Guterres) nicht zuletzt durch das Argument, Hochwasser und Dürre seien 2 Seiten derselben Medaille, und die heißt: Klimawandel. Ein Zirkelschluss, der die Begründung seiner Prämisse aus den daraus abgeleiteten Deduktionen gewinnt.
*
Hieran schließt nahtlos der letzte Tagesordnungspunkt, Verschiedenes, der an diesem Abend zu behandeln war.
Die Verwaltung berichtete vom Ausbruch der Blauzungenkrankheit unter Wiederkäuern in Mitteleuropa. Die virusbedingte Krankheit ist nicht auf den Menschen übertragbar. Sie wird über „kleine, blutsaugende Mücken, sogenannte Gnitzen“ übertragen. Es gebe bis heute keinen Impfstoff. Erste Fälle seien in den Niederlanden berichtet worden. Ob, wann und wo zuerst sie nach Deutschland komme, wisse man derzeit nicht. Zwar gehe von ihr keine unmittelbare Gefahr für den Menschen aus, wirtschaftlich aber könne sie durchaus Schaden anrichten.
*
Interessant ist, dass man entsprechende Warnungen bereits vor einem halben Jahr auch im Internet lesen konnte (s. obiger Link zum Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft [BMEL]). Warum die Verwaltung erst und ausgerechnet jetzt das Thema zur Sprache bringt, ist unklar.
Es passt allerdings in diese zu Hysterie und Angst neigende Zeit.
*