Der ‚Griff nach den Sternen‘ – Wie Politik und Verwaltung Klimaschutz in Bürokratie ersticken

Persönlicher Bericht zur Sitzung des Hauptausschusses am 19.06.2024

Die Sitzung des Hauptausschusses am vergangenen Mittwoch erweckte gleich zu Beginn den Eindruck, nicht allzu lang anzudauern. Dies wurde in den einleitenden Worten der Ausschussvorsitzenden, Heike Beukelmann (CDU) ersichtlich: Sie verwies auf den allgemein vorgetragenen Wunsch nach zügiger, disziplinierter Behandlung der Tagesordnungspunkte, da man rechtzeitig zum Anpfiff des abendlichen EM-Spiels Deutschland – Ungarn um 18:00 Uhr wieder zuhause sein wollte.

Tatsächlich kam den Damen und Herren Abgeordneten und der Verwaltung die doch recht übersichtliche Tagesordnung entgegen, von der die meisten Punkte aus routiniert abzuhandelnden Formalien bestanden.

Es gab keine Fragen von Einwohnern, und vielleicht trug auch die Abwesenheit Burghard Schalhorns an diesem Abend dazu bei, dass es zur Niederschrift (Protokoll) der vergangenen Sitzung des Hauptausschusses weder Nachfragen noch Diskussionen gab.

So kam man rasch zum Tagesordnungspunkt 6, Umsetzung Integriertes Klimaschutzkonzept; Fachbeitrag Beteiligungen und damit zusammen einem Antrag der FDP auf Verweis in die Fraktion, Tagesordnungspunkt 6.1.

Es geht dabei um Folgendes:

Der Kreis möchte in Sachen Integriertes Klimaschutzkonzept jetzt endlich Nägel mit Köpfen machen und erste konkrete Umsetzungsschritte einleiten.

Die Vertreter in den Gesellschaften, an denen der Kreis beteiligt ist oder die in seinem Auftrag tätig sind, sollen in den Aufsichtsräten darauf hinwirken, die von Land und Kreis angestrebten Klimaschutzziele in der Reduzierung der Treibhausgasemissionen zeitnah anzuvisieren.

Zitat:

„[…] die Gesellschaften [sollen]

1. einen Klimaübergangsplan (Climate Transition Action Plan) erstellen, der folgende Bestandteile umfasst:

a. Festlegung eines Zeitpunktes für die Erreichung von Treibhausgas – Neutralität

b. Festlegung von kurz-, mittel und langfristige Zielen und entsprechenden Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasen

c. Jährliche ESG (Environmental, Social and Governance) / CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) – konforme Nachhaltigkeitsberichterstattung, soweit nicht sowieso gesetzlich gefordert

2. die variablen Gehaltsbestandteile der Geschäftsführung auch mit der Erreichung von Klimaschutzzielen verknüpfen,

3. Analysen zur Vereinbarkeit eigener Investitionsvorhaben mit den Klimaschutzzielen des Kreises im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen bei Investitionsentscheidungen vorlegen.“

ALLRIS

Die FDP-Fraktion beantragte nun den Verweis in die Fraktion, bis die Verwaltung umfassend darüber informiert hat, welchen Aufwand (an Kosten, Ressourcen und Zeit) die Gesellschaften für die Erstellung des Klimaübergangsplans (Climate Transition Action Plan) betreiben müssen. Zudem soll die Verwaltung darüber informieren, wie die jährliche Nachhaltigkeitsberichterstattung sichergestellt wird und welche Maßnahmen bei Nichterreichen der Ziele ergriffen werden.

Darüber hinaus soll die Verwaltung darstellen, „wer die zusätzlichen variablen Gehaltsbestandteile der Geschäftsführung bei der Erreichung von Klimaschutzzielen trägt, bzw. wie diese finanziert werden müssten, wenn die Partner diese übernehmen.“ Klingt für mich als Berichterstatter sehr fachspezifisch, und ich gebe zu, dass ich nicht weiß, was das bedeutet.

Wie auch immer – man sieht, dass hier wohl noch einige Zeit ins Land gehen wird und wohl auch noch so manche Hürde in den Anforderungen zu nehmen sein wird, bis erste konkrete Schritte in Richtung Erreichen der Klimaschutzziele getan werden.

In der gestrigen Diskussion musste der Vertreter der Verwaltung denn auch einräumen, dass die geforderten Zahlen, Daten und Fakten von der Verwaltung nicht geliefert werden könnten, da dies allein in der Kompetenz der Gesellschaften liege.

Dies räumen die freien Demokraten in ihrem Antrag auch ein, wie aus folgenden Zeilen hervorgeht:

Für uns scheint die Erstellung eines Klimaübergangsplans eine komplexe Aufgabe zu sein, die mit einem – für uns nicht vorstellbaren – Aufwand verbunden ist. Dieser Aufwand muss, unserer Meinung nach von den beteiligten Unternehmen und somit Anteilig von den Gesellschaftern getragen werden. Daher ist es wichtig, die Höhe des Aufwands für den Kreis zu kennen.

(PDF-Dokument ‚Änderung V3 zu V4‘, ALLRIS)

Zwar können sie sich nicht vorstellen, wie der Klimaschutzplan erstellt werden kann, dennoch erwarten sie genau dies von der Verwaltung – so steht es ja im Antrag. Solange die Verwaltung diesen Plan nicht detailliert vorlege, wollen sie die Diskussion über die Umsetzung des Integrierten Klimaschutzkonzeptes in der Fraktion belassen.

In der Begründung des Antrags räumen sie jedoch ein, die Gesellschaften wären zuerst in der Verantwortung, Zahlen, Daten und Fakten zur Umsetzung vorzulegen – exakt das, was sie im Antrag von der Verwaltung einfordern. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz.

Und zum Schluss heißt es:

Schlussbemerkung: Durch den Beschluss der Vorlage wird noch kein Gramm CO2 eingespart. Eher haben wir den Eindruck, dass mehr Bürokratie und Verwaltungsaufwand geschaffen wird.

(PDF-Dokument ‚Änderung V3 zu V4‘, ALLRIS)

Ähnlich argumentierte auch Helmuth Ahrens (CDU), Kreispräsident und Mitglied des Hauptausschusses. Er monierte, die FDP-Fraktion beklage, was sie selbst durch ihren Antrag mit befördere: zusätzlichen bürokratischen Aufwand und wenig Effizienz in der doch so häufig eingeforderten Verschlankung von Verwaltungsvorgängen.

Dennoch stimmten alle Fraktionen aus unterschiedlichen Gründen dem Antrag der FDP-Fraktion zu.

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Es wird in der Zukunft spannend zu beobachten sein, wie die Politik des Kreises Pinneberg und die von ihr begleitete und manchmal arg gegängelte Verwaltung die hehren Ziele zur Weltenrettung durch Treibhausgasemissions-Reduzierung auf null bis 2040 erreichen wird und ob überhaupt. Schreitet sie jedoch in diesem Tempo fort, darf man vermuten, dass sie es wohl nicht ganz schaffen wird.

Es ist nicht ratsam, sich unerreichbare Ziele zu setzen. Scheitern und die daraus generierte Frustration sind vorprogrammiert.

Es kann dann nur so enden, wie der große, unvergessenen Komiker Heinz Erhardt es einst so treffend formulierte:

‚Ich hol’ vom Himmel dir die Sterne‘

so schwören wir den Frauen gerne.

Doch nur am Anfang.

Später hol’n

wir nicht mal aus’m Keller Kohl’n

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Die übrigen Tagesordnungspunkte des öffentlichen Teils der Ausschusssitzung waren rasch abgehandelt. Es ging u. a. noch um die Neuinstallation und endgültige Inbetriebnahme von ALLRIS 4, dem Datenverarbeitungsprogramm der Kreisverwaltung, das ja auch der Öffentlichkeit mit vielen Informationen und ausführlichen Dokumenten zur Verfügung stehen soll. Dazu wurden noch ein paar detaillierte Fragen beantwortet, die allesamt eher technischen Charakter hatten.

Aller Voraussicht nach steht das neue Programm nach Ende der Herbstferien zur Verfügung. Dies war die geäußerte Hoffnung der Verwaltung.

Damit endete der öffentliche Teil der Sitzung des Hauptausschusses an diesem Mittwoch, dem 19. Juni 2024, nach nur einer halben Stunde.

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